Politik verspielt das Vertrauen der Unternehmer

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Standpunkt des BDS Baden-Württemberg vom 8. Februar 2021

Auf Basis einer repräsentativen BDS-Mitglieder-Umfrage

Gewitterwolken Mitten im Winter: Die Stimmung der Mitgliedsunternehmen des Bundes der Selbständigen in Baden-Württemberg verschlechtert sich zunehmend. Der Bundes- und Landesregierung werden für Ihre Krisenbewältigung schlechte Noten ausgestellt. Der Unternehmerverband fordert eine Bewertung der Maßnahmen, eine Exit-Strategie und Nachbesserungen bei den Hilfsprogrammen.

Vollmundige Versprechungen, denen keine Taten folgen, Hilfen, die nicht ankommen, eine fehlende langfristige Strategie und handfeste Existenzsorgen treiben die Selbständigen Baden-Württembergs um. Die Ergebnisse der aktuellen Mitgliederumfrage spiegeln genau das wider, was die Verantwortlichen im Unternehmerverband in Gesprächen täglich spüren: Der Kredit, den die Politik im Jahr 2020 noch unter vielen Selbständigen hatte, ist verspielt!

Beachtlich dabei ist, dass die Bewertung der milliardenschweren Hilfsprogramme mit jedem Programm abnimmt. Wurde die Soforthilfe aus dem März noch mit gut bewertet (2,4), erhielten die Überbrückungshilfen die Note 4,1 bzw. 4,3, die November und Dezemberhilfen gar ein mangelhaft (4,8). Dabei fällt bei den Ergebnissen vor allem ins Auge, dass der Anteil der abgelehnten Anträge bei den Überbrückungshilfen mit Werten zwischen 37% (Überbrückungshilfe II) und 41% (Überbrückungshilfe I) bemerkenswert hoch sind. „Geht man davon aus, dass der Problemdruck bei den antragstellenden Unternehmen groß ist, weil sie ansonsten das komplexe Antragsverfahren nicht angehen würden, besteht in diesen hohen Ablehnungswerten viel Frustpotential“, so der Unternehmensberater Jan Dietz, Vorstand im Landesverband. So werden bei den Befragten die hohen Fördervoraussetzungen und lange Bearbeitungszeiten als Hauptgründe für die schlechte Bewertung angegeben. „Der von Politikern kommunizierte Anspruch und die Wirklichkeit klaffen immer stärker auseinander“, bemängelt Vizepräsidentin Bettina Schmauder, die einen Vertrauensverlust in die Arbeit der Regierung feststellt und fordert: „Es muss weiterhin nachgebessert werden, und zwar sowohl bei den Fördervoraussetzungen als auch bei der Umsetzung. Denn wir wollen nicht, dass genau die Unternehmen, die für uns alle die Last mittragen, schlussendlich mit der Insolvenz bestraft werden!“

Eines zeigt die Befragung auch: Die Lage in den Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Einzelhandel, die Gastronomie/Hotellerie, Teile des Handwerks und die Veranstaltungsbranche tragen unter den Mitgliedern des BDS die Hauptlast, andere Branchen hingegen sind nicht auf staatliche Hilfen angewiesen, sehen sich jedoch zunehmend ebenfalls an den Pranger gestellt: „Wenn Aussagen einiger Politiker suggerieren, man würde als Unternehmen keinen ausreichenden Beitrag zur Krisenbewältigung leisten, wie z.B. in der Diskussion ums Homeoffice und Arbeitsschutz und man auf der anderen Seite von staatlichen Hilfen völlig ausgeschlossen wird wie bei den Kinderkrankentagen, dann bleibt da mehr als ein „Geschmäckle“ hängen“, so Schmauder und Dietz unisono.

So wundert es kaum, dass die Zufriedenheitswerte kontinuierlich sinken. Zwischenseitig stellen die Unternehmerinnen und Unternehmen ihren Regierungen mit 4 (Landesregierung) und 4,1 (Bundesregierung) schlechte Zeugnisse aus. Ein „Weiter so!“ sieht anders aus. „Uns fehlt die Reflexion über die Wirksamkeit der Maßnahmen und vor allem einen klaren Masterplan“, bemängelt Dietz und drängt: „Unternehmern brauchen eine Perspektive – jetzt!“ Anders als im politischen Umfeld ist es für Unternehmen wichtig, dass sie sich vorbereiten können. Übrigens genauso wie Schulen und Kitas. Dabei könne man sich darauf einigen, mit dem Erreichen von bestimmten Schwellenwerten Lockerungen zu verknüpfen und schrittweise zur Normalität zurückzukehren. Auch vor dem Hintergrund der neuen Gefahr der mutierten Viren kann der Unternehmerverband keinen Mehrwert an der auf Kurzfristigkeit ausgelegten Strategie sehen. Man dürfe kurzfristiges Denken nicht mit Flexibilität verwechseln: „Meinen Sie nicht auch, wir alle haben es verdient, ein wenig Perspektive zu bekommen?“

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