Gemeinsamer offener Brief an Finanzminister Christian Lindner MdB
Sehr geehrter Herr Minister Lindner,
das am 24. März 2022 auf den Weg gebrachte Entlastungspaket scheint auf den ersten Blick eine gute und richtige Maßnahme zu sein, um die Bürgerinnen und Bürger in der aktuellen Lage kurzfristig zu entlasten.
Wir haben genauer hingeschaut und stellen fest, dass die Unternehmen die staatlichen Aufgaben umsetzen müssen bzw. den bürokratischen Aufwand zu tragen haben. Das steht im Widerspruch zu Ihrer Aussage, die Unternehmen nicht mit weiteren Aufgaben zu belasten. Wurden doch bereits bei den Corona-Verordnungen wie die 3G-Regelung am Arbeitsplatz den Unternehmen staatliche Aufgaben übertragen ohne Berücksichtigung auf die schon bestehenden Belastungen durch Corona.
Nun soll die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle einkommenssteuerpflichtigen Erwerbstätigen über die Lohnabrechnung ausgezahlt werden. D.h. sie unterliegt somit der Einkommenssteuer, wodurch ein Teil des Geldes wieder an den Staat zurückfließt. Unklar ist in diesem Zusammenhang, wie die Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen abgerechnet werden bzw. wer diese übernimmt. Darüber hinaus ist auch noch nicht geklärt, wie die Umsetzung überhaupt erfolgen soll und die Arbeitgeber das Geld erhalten werden.
Wir, der Bund der Selbständigen Baden-Württemberg und der Bund der Selbständigen Bayern vertreten gemeinschaftlich über 25.000 Unternehmerinnen und Unternehmer des Mittelstands. Die kleinen und mittelständischen Betriebe werden vor immer größere bürokratische Herausforderungen gestellt. Seit der Corona-Pandemie sollen nun noch zusätzlich staatliche Aufgaben durch diese erledigt werden, da es so scheint, dass die staatliche Verwaltung dazu nicht in der Lage ist.
Daher die Fragen an Sie: Warum unterliegt die Energiepreispauschale der Einkommenssteuer bzw. den Sozialversicherungsabgaben? Für den Arbeitnehmer bleiben von den angepriesenen 300 Euro lediglich ein Nettobetrag zwischen 150 und 200 Euro. Und warum wird die Energiepreispauschale nicht direkt über das Finanzamt ausgezahlt? Den bürokratischen Aufwand haben die Unternehmen zu tragen, die zudem von diesem Entlastungspaket keine gezielte Unterstützung erhalten.
Im Gegenteil: Gerade Unternehmen bedürfen der gezielten Entlastung. Die beschlossene Senkung der Kraftstoffsteuer mit einer Begrenzung auf drei Monate ist für die Unternehmen ein Tropfen auf den heißen Stein. Zumal gerade der Fahrzeuge vieler Unternehmen in der Regel mit Diesel betrieben werden – mit dem derzeit teuersten Treibstoff. Warum diese nun geringer entschädigt werden sollen als Benzin ist nicht schlüssig. Es wird wieder einmal Politik auf dem Rücken der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gemacht!
Unsere Forderungen:
- Eine Entlastung, die auch bei unseren Unternehmen ankommt wie:
- die Ausweitung des KuG aufgrund der Ukrainekrise
- die Senkung der Kraftstoffsteuer für einen längeren Zeitraum und auf alle Kraftstoffarten in derselben Höhe
- die Ausweitung der Energiepreissenkung auf fossile Energieträger
- Förderprogramme und Zuschüsse für Energiekosten von Unternehmen
- Eine kurzfristige Entlastung und ein langfristiges Umdenken bezüglich der Energieversorgung, die die Energiepreise auf ein europäisches Maximalniveau absenken.
- Eine gezielte Entlastung von kleinen und mittelständischen Unternehmen, die mit den hohen Energie- und Benzinkosten zu kämpfen haben
- Eine schnelle Klärung der offenen Fragen zur Energiepreispauschale und der Auszahlung über die Arbeitgeber
- Staatliche Aufgaben dürfen nicht weiter auf die Unternehmen abgewälzt werden.
- Eine echte Entlastung für Selbständige
In der aktuellen Lage müssen gerade kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt werden und insbesondere die bürokratischen Aufgaben, welche in Coronazeiten schon stark angestiegen sind, müssen minimiert werden. Die aktuellen Pläne zur Energiepreispauschale bedeuten genau das Gegenteil: Durch die Auszahlung über die Lohnabrechnung steigt der bürokratische Aufwand für jede Gehaltsabrechnung. Sind doch für jeden einzelnen Arbeitnehmenden Vorbereitungen und Umstellungen vorzunehmen. Ebenso sind die Fragen zum Arbeitgeberanteil der Sozialversicherungsbeiträge und zur Rückzahlung der Auslagen an die Unternehmen ungeklärt.
Sehr geehrter Herr Minister Lindner, wir bitten Sie im Namen unserer Mitglieder und der vielen Selbständigen und kleinen, mittelständischen Unternehmen um gezielte, schnelle und nachhaltige Entlastungen, die die negativen Konjunkturfolgen und die hohen Preise abfedern.
Wir danken Ihnen sehr für Ihr offenes Ohr und stehen auch für ein Gespräch gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Schmauder Gabriele Sehorz
Präsidentin BDS Baden-Württemberg e.V. Präsidentin BDS Bayern e.V.
Jan Dietz
Präsident BDS Baden-Württemberg e.V.
Der gemeinsame offene Brief als PDF-Dokument