Zum Jahresende blicken wir mit unserem Präsidentenduo Bettina Schmauder und Jan Dietz zurück auf ein ereignisreiches und zugleich schwieriges Jahr, das weiterhin fest im Griff der Corona-Pandemie ist. Für Unternehmen, Gewerbetreibende und Selbständige ein Wechselbad der Gefühle, mit vielen Auf und Abs, sich häufig ändernden Einschränkungen, Regeln und Umbrüche. Und auch beim BDS Baden-Württemberg gab es einen Umbruch: Im Februar wurde erstmalig auf einer digital durchgeführten Mitgliederversammlung eine neue Spitze samt neuem Vorstand gewählt. Mit einer Doppelspitze in Persona von Bettina Schmauder und Jan Dietz setzt sich seitdem ein engagiertes Präsidentenduo gemeinsam mit den weiteren Vorständen für die Belange der Mitglieder in Baden-Württemberg ein.
Wie habt Ihr das Jahr erlebt?
Jan Dietz: Für mein Unternehmen, das im Bereich Beratung tätig ist, haben wir ein recht gutes Jahr hinter uns. Sicherlich war es nicht immer einfach, da wir sehr stark die Unsicherheiten der Menschen gespürt haben. Und die Leistungserbringung ist in vielen Branchen schwierig geworden. Nicht zuletzt auch durch die Beschaffungskrise.
Bettina Schmauder: Diese Unsicherheit schwebt über allen und allem. Durch mein ehrenamtliches Engagement in der Geschäftsführung eines Basketballvereins sehe ich auch, was die Pandemie im Sporteventbereich für Auswirkungen hat. Die Sportler sind es gewohnt, ihre Leistungen vor Zuschauer zu erbringen. Wenn das wegbricht, wird es sehr schwierig. Dann durfte gar nicht mehr gespielt werden. Im Hinblick auf die Verpflichtungen gegenüber unseren Sponsoren können wir dankbar sein, dass der Zusammenhalt so groß war und unsere Sponsoren auch ohne Leistungserbringung den Verein weiter unterstützt haben.
Im Autohaus sind wir mit einem blauen Auge durchgekommen. Die Umsatzeinbrüche sind da, aber wir durften weiter öffnen und mussten nie in den kompletten Lockdown.
Aber die Art und Weise, wie man als Unternehmer und Selbständiger sich immer wieder auf neue Situationen einstellen musste, hat auch uns vor viele Herausforderungen gestellt. Hierbei geht es nicht nur um den wirtschaftlichen Aspekt, sondern auch um den psychischen, emotionalen. Diese Unsicherheit hinterlässt bei allen Beteiligten deutliche Spuren – von den Führungsverantwortlichen, über die Mitarbeiter bis hin zu Auszubildenden oder Kunden.
Wie seht Ihr das Vorgehen der Politik hinsichtlich der Corona-Regelungen?
Bettina / Jan: Zumindest lief einiges in Baden-Württemberg ganz gut, aber für die Hau-Rück-Aktionen hat man wenig Verständnis. Was gerade Anfang Dezember ablief, war nicht nachvollziehbar. Es werden massive Einschränkungen Freitagnachts beschlossen, die am nächsten Tag bereits umgesetzt werden müssen. Wie soll man sich auf so etwas vorbereiten? In anderen europäischen Ländern, die freitags entsprechendes beschließen, ist zumindest erst der Montag der Tag der Umsetzung. So hat man wenigstens das Wochenende, sich darauf vorzubereiten, was auch schon schwierig ist.
Bettina: So manche Fehler, die im Frühjahr 2020 seitens der Verwaltungen und der Politik gemacht wurden, sind zu verzeihen. Aber in den letzten 1¾ Jahren ist in den Umsetzungen keine Lernkurve zu sehen. Das ist das, was die Leute verunsichert und auch mürbe macht.
Inzwischen sollte verstanden sein, dass gewisse Dinge vorbereitet werden müssen, dass Wirtschaft nicht gleich Wirtschaft und Branche nicht gleich Branche ist. Es gibt unglaublich viele Ausnahmesituationen. Aus meiner Sicht ist es nicht nachvollziehbar, warum handwerklich so viele Fehler gemacht wurden.
Welche guten Nachrichten und gute Entwicklungen seht Ihr für Euch bzw. für Unternehmen und Selbständige in Baden-Württemberg dieses Jahr?
Bettina: Das Glas ist immer halb voll oder halb leer. Wir sehen das Glas immer halb voll ist. Somit bietet jede Entwicklung auch gewisse Chancen. Positiv ist, dass sich die Selbständigen zum Großteil einfach nicht haben entmutigen lassen, sondern das Beste aus der Situation gemacht haben und auch neue Geschäftsideen entwickelt haben.
Jan: Gerade bei der Digitalisierung hat die Krise einen Vorschub geleistet, den wir sonst nicht gehabt hätten. Somit ist inzwischen im Schlechten auch was Gutes zu sehen, auch wenn wir darauf natürlich hätten verzichten können.
Mir fällt zudem auf, dass in dieser Zeit gerade die Verbände und Interessensvertretungen auch mal wieder zeigen können, warum sie so wichtig sind. Natürlich kann jeder Einzelne mit bspw. dem Bürgermeister oder dem Lokalpolitiker reden. Aber die vielen Herausforderungen sind nicht mehr nur im Kleinen zu regeln.
Es lohnt sich zusammen zu stehen und sich zu organisieren. Ein aktuelles Beispiel ist die Aktion des Gewerbevereins Gruibingen, der sich jetzt auf die Hinterfüße gestellt hat, damit der Ausbau der A8 vor Ort endlich vorangetrieben wird. Inzwischen ist die ganze Region mobilisiert und setzt sich dafür ein.
Bettina: Und wenn ich noch einen Begriff strapazieren darf: die Solidarität. Gerade an diesem genannten Beispiel ist es nicht nur der eine Ortsverein, der nur für sich und seine Mitglieder aufsteht, sondern die anderen Verbände aus der Region kommen dazu. Somit entstehen auch Kontakte, Verbindungen und Mehrwerte, die es so vorher vielleicht nicht gegeben hätte.
Im BDS selbst hat sich in den letzten Monaten viel getan. Wir haben eine neue Homepage, sind mit einem neuen Format – dem Podcast “Kompass Selbständig“ gestartet. Wie habt Ihr das alles erlebt und was waren eure besonderen Momente?
Jan: Gefühlt war ich ständig im Einsatz für den BDS. Mich beindruckt diese große Macher-Mentalität wie bspw. in Gruibingen. Wir haben in den letzten Monaten als neue Präsidenten des BDS ganz viele Gespräche mit ganz vielen Menschen geführt. Wir haben großartige und herzliche Empfänge erlebt, teils mit einer Erwartungshaltung uns gegenüber, die wir nicht erfüllen können. Aber ich fand es richtig schön.
Bettina: Gerade die menschlichen Kontakte sind so wertvoll. Wir arbeiten eng mit den Teams aus den Geschäftsstellen (Stuttgart, Nord- und Südbaden) und dem Vorstandsteam zusammen. Das ist sehr bereichernd. Denn man spürt die Dynamik und welche Einsatzbereitschaft von allen ausgeht. Die Situation im Verbandswesen ist momentan nicht einfach, aber wir machen einen Neuanfang.
Und wir kommen vorwärts, wollen gemeinsam was bewegen und uns weiterentwickeln.
Das gelingt Dank dem Teamgeist, den neuen Impulse, durch frische Ideen – und das wollen wir auch nach außen sichtbarer kommunizieren.
Ihr wart zuvor schon im BDS aktiv. Habt Ihr in eurer jetzigen Funktion neues über den Landesverband gelernt?
Jan: Verbandsarbeit beinhaltet auch eine gewisse Art von Seelsorge. Manchmal geht es auch nur ums Reden, sich austauschen und gehört werden, sich etwas von der Seele reden. Gerade in Zeiten wie diesen ist das sehr wichtig. Das macht mir tatsächlich auch Spaß und hatte ich so, ehrlich gesagt, nicht erwartet.
Bettina: Für mich wurde deutlicher, wie vielfältig unser Land ist, wie vielfältig die Ortsvereine sind und wie unterschiedlich oft die Rahmenbedingungen sind. Ein ländlicher Ortsverein benötigt eine andere Unterstützung als einer in der Stadt. Die Schwerpunkte sind andere. Das heißt, es gibt nicht für alles die eine Blaupause. So haben Leistungsschauen für die ländliche Region eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, wohingegen diese beispielsweise in Stuttgart weniger relevant sind. Aber das ist auch das besondere an unserer Arbeit.
Es gibt tolle Projektideen, die wir aufgreifen, eventuell anpassen und weitergeben können. Wie die Ausbildungsinitiative A+ des Gewerbevereins Burgrieden-Achstetten, zu der sich die Unternehmen vor Ort zusammengetan haben, um den Auszubildenden aus den örtlichen Betrieben mehr Möglichkeiten bieten zu können. Was für große Unternehmen fast schon selbstverständlich ist, die für ihre 30, 35 Auszubildenden (oder mehr) einiges auf die Beine stellen können, ist für die kleinen, mittelständischen Betriebe alleine nicht zu machen. Aber gemeinsam geht das wunderbar. Und stärkt gleichzeitig die Attraktivität des Arbeitgebers und der Region.
Jan: Das heißt, dieses voneinander lernen ist etwas Besonderes. Und das wollen wir in den nächsten Jahren weiter vorantreiben.
Wie sehen die Planungen des BDS für 2022 aus? Was können die Mitglieder erwarten?
Bettina: Sie können ein Feuerwerk an Themen erwarten. Die Basisarbeit wird weiter intensiviert. Wir werden globale Themen wie Fachkräftemangel, Bürokratisierung, die immer schlimmer werdenden Reglementierungen seitens der Verwaltungen angehen.
Inhaltlich werden wir konkrete Forderungen gegenüber der Politik formulieren und uns damit deutlich positionieren. Wir wollen konstruktiv und produktiv mit konkreten Ideen, Wünschen und Forderungen unterwegs sein.
Und dafür brauchen wir auch das Feedback unserer Mitglieder, da diese viel tiefer Einblicke aus ihrer jeweiligen Branche geben können. Mit ihnen wollen wir in den Diskurs gehen. Nur so entwickeln sich neue Ideen und erwachsen neue Formate.
Jan: Beispielsweise planen wir den „BDS Campus“, eine neue Veranstaltungs- bzw. Fortbildungsreihe. Diese entwirft aktuell unser sehr engagiertes Marketing-Team. Das soll kein Abklatsch von bereits bestehenden Fortbildungsreihen sein, sondern wir wollen ganz gezielt in andere Bereiche reingehen.
Auch ein klassisches Vorteilsprogramm ist angedacht, in dem es darum geht, unseren Mitgliedern kostenlose Möglichkeiten der Werbung zu geben, sich zu präsentieren und Vorteile bei anderen Mitgliedern zu erhalten.
Bettina: Wir werden weiter durch das Land “tingeln” und Kontakte intensiveren, den guten Draht zu unseren Ortsvereinen und den Vorständen weiter ausbauen und uns gegenseitig unterstützen.
Denn der Landesverband ist kein Selbstzweck – wir sind für unsere Ortsverbände und unsere Mitglieder da und gehört für uns zum Dienstleistungsservice. Das ist die Basis für unser weiteres politisches Engagement.
Wie sehen Eure Neujahrsvorsätze persönlich oder für den BDS aus?
Jan Dietz: Meine persönlichen Vorsätze sind sich mehr Zeit für die Familie zu nehmen und auch sportlich aktiver zu werden.
Für den BDS wollen wir uns lösungsfokussierten Zukunftsthemen zuwenden und verstärkt über Social Media die Kontakte mit unseren Mitgliedern intensivieren und erfolgreich vorantreiben. Im letzten Jahr waren wir im Feuerwehrmodus; jetzt gilt es, beständig und konzentriert an den Themen weiterzuarbeiten. Wir wollen als Stimme der kleinen und mittelständischen Unternehmen und Selbständigen in der Politik gehört werden. Hier sind wir sind auf dem richtigen Weg.
Bettina Schmauder: Dem kann ich mir nur anschließen. Meine persönlichen Ziele 2022 sind mehr Zeit zu haben für die wesentlichen Dinge, d.h. weniger Projekte und die dafür konzentrierter und intensiver angehen zu können.