Dr. Gregor Gysi MdB auf der BDS-Mittelstandskundgebung in Tengen

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Eigentlich lautet das alte deutsche Sprichwort ja „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“. In diesem Fall konnte davon nicht die Rede sein bzw. der Redner schaffte es durch seine spitzfindige und wortgewandte Art, die 2000 Besucher trotz seiner dreiviertel Stunde Verspätung zu begeistern und am Schluss in Beifallsstürme ausbrechen zu lassen.

Dr. Gregor Gysi, Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke, hat am Samstag, 29. Oktober 2016, auf der BDS-Mittelstandskundgebung im Tengener Festzelt des Schätzelemarkts eine grandiose Rede gehalten.

Von Rindviechern und Politikern

Nachdem der Bürgermeister von Tengen, Marian Schreier, zunächst das große ehrenamtliche Engagement lobte, beispielhaft sei unter anderem der Gewerbeverein, ohne das der Schätzelemarkt nicht bestehen würde, lieferte er anschließend die Vorlage für eine Pointe Gysis: „Als ausgebildeter Facharbeiter für Rinderzucht ist er es seit vielen Jahren auch in der Politik gewöhnt, mit Hornochsen und Rindviechern umzugehen.“ Gysis Antwort: „Mein früherer Beruf hat mir geholfen, auch in der Politik erfolgreich zu agieren. Das Melken habe ich gelernt, da lässt es sich viel besser Steuern eintreiben!“

Gysi spannte seinen Redebogen von der Weltpolitik bis hin zum kleinbürgerlichen Problem. An der EU übte er Kritik vor allem wegen mangelnder Transparenz, der zu großen Bürokratie und fehlender ökologischer Nachhaltigkeit. Trotzdem plädierte er für den Zusammenhalt Europas, um auch weiterhin den Frieden und Wohlstand zu bewahren. Ohne EU spiele Deutschland weltpolitisch und wirtschaftlich keine Rolle, so der Die Linke-Politiker.

Mittelstand und Altersarmut

Zum Thema Mittelstand äußerte er sich folgendermaßen: „Es gibt eine neue Altersarmut. Wenn ich noch mit 90 im Bundestag rumdödele, merkt das niemand. Aber wenn ein Bauarbeiter mit 70 noch arbeiten muss, kann das nicht angehen. Der Mittelstand darf nicht von den Sozialleistungen abgeschnitten werden, sondern sollte auch in den Genuss von Rentenzahlungen kommen“, betonte Gysi. Außerdem sei es ein Unding, wenn jemand, der seine Firma aufgeben müsse, gleich danach zum Hartz-IV-Empfänger werde. Auch die Großbanken watschte er ab: „Sie sind längst nicht mehr die Partner von Betrieben, sondern verhindern mit strengen finanziellen Richtlinien die Investitionsmöglichkeiten.“

Und das Beste kam wie üblich zum Schluss. Nach seinem finalen Satz erntete Gregor Gysi tobenden Applaus: „Hätte ich im Jahr 1990 gesagt, dass mich die Tengener zum Schätzele-Markt einladen, wäre mir dringend geraten worden, mich in eine geschlossene psychiatrische Anstalt einliefern zu lassen. Und glauben Sie mir, das hätte ich auch getan!“

Fotos: Stadt Tengen

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