Suchen Unternehmenschefs einen Nachfolger für die Firma, geht es meist um steuerliche und rechtliche Aspekte für einen reibungslosen Übergang. Das „Zwischenmenschliche“ bleibt häufig auf der Strecke. Krach in der Familie ist damit unvermeidlich – und das Unternehmen kommt ins Schlingern.
70.000 Betriebe stehen jedes Jahr zur Übergabe an. Aber nur zwei Drittel davon schaffen es in die zweite Generation, nur 32 Prozent in die dritte Generation und lediglich 16 Prozent in die vierte Ära. Wenn inhabergeführter Betriebe eine Zukunft haben sollen, muss der Generationswechsel strategisch angegangen werden.
Ein Szenario aus der Praxis: Der 40-jährige Sohn leitet ein Geschäftsfeld – eigenständig aber verlustreich –während der 70-jährige Senior den zweiten Bereich gewinnbringend führt. Ein Anwalt soll die Übergabe steuerlich und rechtlich vorbereiten. Rein ökonomisch muss man aber eher fragen: Wie kann der Nachkomme mehr Erfolg in seinem Geschäftsfeld erzielen? Und wie kann der Sohn in den erfolgreichen Geschäftsbereich des Vaters integriert werden? Die Antworten des Seniorunternehmers belegen seine dominante Stellung im Betrieb: „Das regeln wir schon. Meine Frau und ich werden doch dem Sohn weiter zur Verfügung stehen!“ Der Senior macht sich weiter unentbehrlich.
Ein zweites Beispiel: Ein Firmenpatriarch Ende 60 macht dem fachlich wie persönlich qualifizierten Stiefsohn das Unternehmerleben so schwer wie möglich – dabei kommt kein anderer Betriebsnachfolger in Betracht. Doch der Stiefsohn gilt nicht so viel wie der eigene Sohn, obwohl sich dieser für eine Nachfolge weder eignet noch interessiert. Erst nach jahrelangen Unstimmigkeiten wird der Betrieb an den Stiefsohn übergeben. Viel Zeit und Kraft, die besser ins Unternehmen hätten gesteckt werden können, wurde vergeudet.
Beiden Fälle illustrieren: Der Senior hat seine designierten Nachfolger – auch unbewusst – nur als abhängig Beschäftigte gesehen und nicht als künftige Unternehmer.
Kein Zukunftserfolg ohne Strategie
Würden beim Vorbereiten einer Nachfolge psychologische und „atmosphärische“ Aspekte stärker beachtet, hätten wir weniger fehlgeschlagene Generationswechsel. Zu den unabdingbaren Fähigkeiten gehört beim Seniorunternehmer vor allem, zum richtigen Zeitpunkt loszulassen – für den Junior bedeutet das, irgendwann auch die Macht zu fordern und spätestens dann seine Unternehmerpersönlichkeit zu zeigen.
Genauso wichtig sind strategische Überlegungen, denn schließlich geht es beim Generationswechsel um nichts Geringeres als um die Existenz des Unternehmens: Die Nachfolgeplanung ist die beste Chance, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Je überzeugender ein Strategiekonzept ist, desto höher kann etwa der Ertragswert des Unternehmens eingestuft werden. Die Perspektiven eines Unternehmens wird jedem Kaufinteressenten wichtig sein – warum sollte sich also nicht auch ein Nachfolger aus der Familie fragen: Lohnt es sich eigentlich, diesen Betrieb mit all den Schulden zu übernehmen?
Familienexterne Lösungen
Heißt die Antwort Nein oder kommt aus anderen Gründen ein Familiennachfolger nicht in Betracht, gibt es mehrere Möglichkeiten. Auf der Hand liegt dann ein Verkauf und die Frage:
- Wen kennen wir? – Zum Beispiel frühere Mitarbeiter oder solche aus anderen Betrieben
- Wen könnten wir fragen? – Wettbewerber / Kollegen, Hausbank, Handwerkskammer/ Innung
- Wo könnten wir suchen? – Tageszeitungen, Fachzeitschriften oder im Internet.
Aber: Die Suche nach einem Käufer dauert lange; deshalb frühzeitig damit beginnen. Wird ein Nachfolger von außen in den Betrieb geholt (Management-Buy-In), wird er den Unternehmenswert kritisch unter die Lupe nehmen. Manchmal liegt das Gute so nah: eigene Mitarbeiter als potenzielle Nachfolger (Mangement-Buy- Out). Auch eine „Buy-In-Buy-Out“-Kombination ist denkbar, eventuell unter Mitwirkung einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft.
Persönliche Übergabe-Strategie für den Senior
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Gewaltenteilung Führung/Kapital
Ein Verkauf ist aber nicht die einzige Option. Was ist zum Beispiel, wenn trotz fehlendem Nachfolger aus der Familie nicht verkauft werden soll. Etwa weil das Unternehmensschiff an sich seeklar ist und es soll nur ein neuer „Skipper“ an Bord.
Eine Trennung von Führung und Kapital bietet sich an, wenn
- ein Nachfolger aus der Familie überhaupt nicht in Sicht ist, aber das Unternehmen so gute Potenziale hat, dass man die Wertsteigerung der Familie zur Verfügung stellen möchte. Vielleicht will der Senior auch aus diesem Grund statt Bargeld lieber betriebliches Vermögen vererben.
- Oder der Junior ist im Erbfalle voraussichtlich noch zu jung: Hier kann z.B. die erbende Frau des Verstorbenen einen Mitarbeiter oder Fremden als Interims- Geschäftsführer einsetzen. Das Gleiche gilt, wenn der Senior die Leitung aus gesundheitlichen Gründen abgeben muss.
- Ein weiterer Fall wäre der, dass Familienstreitigkeiten drohen und außer Betriebsvermögen kaum Vermögen vorhanden ist. Wenn dann keiner der Erben in der Lage ist, das Unternehmen zu führen, muss verkauft oder Handlungsfreiheit für eine externe Führung geschaffen werden: Hier kann ein Mitarbeiter oder Dritter (für den Todesfall) zum Geschäftsführer bestellt und dessen Unabhängigkeit von den Anteilseignern geregelt werden.
Am klarsten ist die Gewaltenteilung Führung/ Kapital bei der kleinen AG: Hier können, im Gegensatz zu einer GmbH, die Anteilseigner die Geschäftsführung nicht absetzen und ihr auch nicht unmittelbar dreinreden. Wer sich zu dieser Rechtsform nicht entschließen mag, kann sich der AG auch mit einer GmbH oder KG annähern, indem er den Gesellschaftsvertrag am Leitbild „Kleine AG“ orientiert. Praktisch bedeutet das: Starker, also weisungsbefugter Beirat (Schlüsselrolle), Einschränkung der Weisungsrechte, Unabhängigkeit der Geschäftsleitung. Eine Schlüsselrolle hat der Beirat: Bei ihm kommt es darauf an, dass er richtig besetzt und auch von der Satzung her stark genug ausgestattet ist. Es sollten dem Beirat keine Partner des Tagesgeschäfts angehören, also zum Beispiel nicht die Hausbank. Vielmehr sollten Beiratsmitglieder das Naturell des Unternehmers ergänzen, etwa beim Controlling oder Marketing.
Persönliche Übernahme-Strategie für den Junior
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![]() ist Rechtsanwalt und Dipl.-Betriebswirt. Er lebt in München |